Ganz und gar nicht.
Wenn es mit den Lesungen auch erst im September 2023 wieder losgeht, kann ich sagen, dass die Ruhe täuscht.
Petra und ich arbeiten am nächsten Buch, welches Anfang 2024 erscheinen soll. Arbeitstitel: „Frühjahrsputz mit Hut“. Geschichten über eine wiedergefundene Nähe, von Abschieden, Begegnungen und Neuanfängen.
Zeichnung: Petra Wölfel-Schneider
Ein Auszug aus dem Text:
Kauf ihn dir. Flüsterte ihr eine Stimme ins Ohr.
Kerstin schlug mit der rechten Hand in die Luft, als wollte sie eine Fliege vertreiben.
Kauf dir den Hut endlich! Rief die Stimme wieder, jetzt laut und deutlich und überraschend vertraut. Kerstin riss die Augen auf, die blickdichten Vorhänge waren sehr effektiv.
Und außer dem leisen Schnarchen von Olaf neben ihr, blieb es still. Sie drehte sich auf die andere Seite, war aber hellwach.
Kerstin stand auf, warf sich den Bademantel über und ging ins Wohnzimmer. Intuitiv öffnete sie die Balkontür, nahm einen tiefen Atemzug der würzigen Luft, die vom See herüberwehte, und trat hinaus. Es war die erste milde Nacht nach einem viel zu langen Winter.
Über ihr ein sternenklares Himmelszelt, wie für Träume gezaubert oder für Nachtschwärmer, wie Kerstin heute einer war. Sie dachte plötzlich an ihren Vater. Er hatte ihr oft die Sterne gezeigt, den großen Wagen mochte sie am liebsten. Hatte die nächtliche Stimme nicht sogar ähnlich seiner geklungen? Was für ein sentimentaler Moment.
Kerstin zog sich wieder in die Wohnung zurück. Sie nahm eine Flasche Milch aus dem Kühlschrank und trank daraus ein paar große Schlucke. Dann zog sie sich auf die Arbeitsplatte hoch und setzte sich neben die Brotmaschine. Von dort sah sie in den funkelnden Nachthimmel und dachte nach.
Nun spukte ihr dieser Hut bereits in ihren Träumen herum.
Sie hatte ihn vor fünf Tagen in den See-Passagen entdeckt. Dunkelblau, glockenförmig, reduziert sogar, weil wohl noch aus der Winterkollektion. Auf der rechten Seite saß lässig eine schwarze Baumwollschleife über der Krempe, wie aus einer Jeans geschnitten. Der obere Teil des Hutes war mit roten, grünen und gelben Wollfäden durchzogen. Sie hatte sich augenblicklich in ihn verliebt. Mit ihren Fingern zog sie die farbigen Streifen nach.
Aber Rot und Blau schmückt die Sau, hatte sie als Kind von ihren Tanten gelernt. Schon erstaunlich, wie lange sich solche Botschaften hielten. Meliert ist wieder im Kommen, hatte die Verkäuferin bei Kerstins erstem Besuch gesagt.
Meliert, kaschiert, reimte ihr Kopf. Das Wort Kaschieren begleitete sie durch ihre Jugend. Denn es gab laut ihrer Mutter viel zu kaschieren…